hyde und jekyll

2002

Hyde and Jekyll

Volksoper Wien

Tanzuraufführung der beiden Choreografinnen Liz King und Catherine Guerin

volksoper wien

Wiener Zeitung Montag, 10 Juni 2002

Volksoper: Uraufführung vom Tanzstück „Hyde and Jekyll“
Das Böse ist immer und überall

„Hyde and Jekyll“ nennt sich die neuste Tanzuraufführung, die die beiden Choreografinnen Liz King und Catherine Guerin für die Volksoper ersonnen haben. Nach ihrem Sensationserfolg „Schwanensee Remixed“ ist das Tanzstück nach Motiven aus Robert Louis Stevensons Roman ihre zweite gemeinsame Tanzproduktion.
Gemeinsam ist in dem Fall wohl nicht wörtlich zu nehmen, denn beide Künstlerinnen haben zwar dasselbe Thema für ihre Choreografie gewählt, aber nicht gemeinsam an einem Stück gearbeitet. Jede hat für sich ihr persönliches Werk geschaffen, ohne miteinander zu kommunizieren, wie im Vorfeld zu lesen und zu hören war. Das Ergebnis sind zwei etwa einstündige Tanzstücke, durch eine pause getrennt, die unterschiedlicher nicht sein können.
Guerin, die mit „Jekyll/subject to change“ den Abend eröffnet, nähert sich dem Thema von der psychologischen Seite. Ihre Hauptfigur ist der Arzt Jekyll, Wissenschaftler und Perfektionist, der seine Schattenseiten so lange nicht wahrhaben will, bis sie seiner übermächtig werden. Guerin bedient sich dabei tiefenpsychologischer Metaphern, teilt die Bühne in Licht- und Schattenfelder, Tänzer in schwarz und weiß gewandete Wesen, die wohl Ich und Über-Ich symbolisieren sollen. Ihre Tanzsprache ist kühl, elegant aber dennoch expressiv.
Nach der Pause folgt Liz Kings „Hyde“. Mani Obeya als zombieartiges Wesen angesiedelt zwischen bösem Kobold und wilder Bestie in Personalunion mit drei durchgeknallten Typen in lässigen Anzügen verkörpern Hyde. Zwischen ihre Auftritte hat King einige sehr abstrakte Tanzsequenzen eingeschoben, in denen in Mädchen für viele das Objekt der Begierde ist.
Dann gibt es eine relativ lange Sequenz, in der Mani Obeya von Projektionen der verschiedenen Verkörperungen des Bösen, die der menschliche Aberglaube im Laufe der Jahrhunderte erfunden hat, heimgesucht wird. Raubvögel, Hunde, Vampire – man kennt das ja. Am Ende tritt der böse Hyde aus einer langen Reihe verschiedener Individuen heraus und singt den Evergreen der Walker Brothers „What Becomes of the Broken Hearted“. Das Böse ist mitten unter uns, ist in uns, sucht uns heim, quält uns. Eine reichlich banale Botschaft.
Sebastian Schlachter und Stefan Strobl haben dazu aus eigenen Kompositionen und teilen von Werken von Chopin und anderen Komponisten einen bedrohlichen Klangteppich remixt, der die düstere Atmosphäre der Bühne (Manfred Biskup/Catherine Guerin) wirkungsvoll unterstreicht.
Beide Stücke sind auf hohem Niveau choreographiert und hervorragend getanzt. Hervorzuheben sind der Jekyll von Michael Dolan aus dem ersten Teil und Mani Obeyas Hyde aus dem zweiten Teil.
Obwohl schlüssige Bilder und eindringliche Sequenzen sowohl im eher abstrakten ersten Teil als auch im kompakteren zweiten Teil gelingen, lässt einen dieser vom Publikum mit viel Jubel bedachte Abend mit eher zwiespältigen Gefühlen zurück. Vielleicht hätten die beiden Choreografinnen doch miteinander reden sollen.

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d.o.g.s.